alltagsmeditationen

Die Kunst des Nicht-Wissens

Søren Kierkegaards Immanenz und Transzendenz 

Das Drei-Stadien-Konzept Kierkegaards wird hier in verkürzter Form wiedergegeben (Quelle: Wikipedia).

Kierkegaard unterscheidet drei Stadien, die der Mensch während seines Lebens durchlaufen kann:

Ästhetisches Stadium

Auf der ursprünglichsten Stufe, dem ästhetischen Stadium, lebt der Mensch ganz in der Unmittelbarkeit der sinnlichen Empfindung, die Motiv und Ziel seines Handelns ist. Er existiert gänzlich unreflektiert, ohne sich über sich selbst im Klaren zu sein. Daher rührt auch eine latente Verzweiflung, indem der Mensch spürt, dass er nicht er selbst ist, sondern in Äußerlichkeiten gefangen. Der Mensch hat sich noch nicht als ein Selbst erkannt, das nicht nur immanent, sondern auch transzendent existiert. Er ist verzweifelt, weil er mit sich selbst nicht im Reinen ist.

Das Mittel, das dem Menschen dazu dient, seinen verzweifelten Zustand zu erkennen, ist die Ironie. Indem er sich zu sich selbst ironisch, also distanziert, verhält, gewinnt er einen erhöhten Standpunkt, von dem aus er seine Verzweiflung erkennt und versucht, sie zu überwinden. Dadurch erreicht er das zweite Stadium.

Ethisches Stadium

Der Mensch erkennt sich als ein sowohl immanentes als auch transzendentes Wesen, indem er sich zu dem Verhältnis zwischen Körper und Geist reflektierend in ein Verhältnis setzt und dessen bewusst wird. Er verhält sich nun vernünftig und erkennt seine Verantwortung vor sich selbst und der Welt. Dadurch aber erkennt er, dass er als rein immanentes Wesen nicht imstande ist, den transzendenten Teil seines Wesens zu begründen, der nicht aus der Welt stammen kann. Die Begründung seines Wesens als geistigem und nicht der Kausalität der Welt unterworfenem Selbst findet er nicht in sich selbst. Vielmehr sieht er sich einem unendlichen, absoluten Unbekannten, Gott, gegenüber, der die Ursache der Unendlichkeit und Freiheit des Menschen ist.

Wenn nu der Mensch sich nicht in ein Verhältnis zu seinem wahren Grund, zu Gott, setzt, sondern aus sich selbst heraus existieren will, setzt er sich wiederum in Widerspruch zu seinem wahren Wesen. Das führt ihn letztendlich in die Verzweiflung, die als Grundstimmung seinem Leben zugrunde liegt. n der Mensch sich nicht in ein Verhältnis zu seinem wahren Grund, zu Gott, setzt, sondern aus sich selbst heraus existieren will, setzt er sich wiederum in Widerspruch zu seinem wahren Wesen. Das führt ihn letztendlich in die Verzweiflung, die als Grundstimmung seinem Leben zugrunde liegt.

Als Ausweg aus dieser misslichen Situation erkennt er den Humor. Kierkegaard: "Humor enthält eine weit tiefere Skepsis als Ironie. […] Seine Skepsis […] enthält auch eine weit tiefere Positivität […] er finde nicht Ruhe dabei, den Menschen zum Menschen zu machen, sondern dabei, den Menschen zum Gott-Menschen zu machen.“ Darin klingt bereits eine weitere Funktion des Humors an, er schafft eine Verbindung zwischen Endlichem und Unendlichem. Der Humor ist aber noch keinesfalls wahre Religion, sondern lediglich das letzte Zwischenstadium vor dem Glauben. Er ist das Mittel, um den Sprung vom ethischen zum religiösen Stadium zu vollziehen.

Religiöses Stadium

Hier nun akzeptiert der Mensch sein Gesetzt-Sein von Gott und seine Existenz vor Gott. Er begreift sich als ein Selbst, dem nur von Gott als dem Unendlichen Existenz zukommt. Daher ist das Ziel des religiösen Menschen, in ein existenzielles Verhältnis zu Gott zu treten. Dies kann allein im Glauben geschehen. Gott als der Absolute ist nicht der Kausalität der Welt unterworfen und entzieht sich daher als der Unbekannte dem menschlichen Verstand, er ist rational nicht erkennbar. Der Glaube fordert als Bedingung daher die „Kreuzigung des Verstandes“. Der Verstand ist nicht gänzlich unnötig, sondern dient als Korrektiv des Glaubens. Er spielt daher für Kierkegaard eine große und unabdingbare Rolle. Doch da der Verstand endlich ist und sich rein immanenter Mittel bedient, ist intellektuelle Gotteserkenntnis schlechthin unmöglich.

Aufgrund der Nicht-Erkennbarkeit muss jedes Reden von Gott negativ bleiben. Dies ist das Scheitern des Verstandes, dessen sich der Mensch bewusst werden muss. Hat er dies erkannt, so steht erst der Weg in den Glauben offen, der aus dieser Erkenntnis der eigenen Begrenztheit hervorgehen kann. Im Glauben nun wagt der Mensch den Sprung weg vom Verstand hin zum eigentlich Unmöglichen.

Da der Mensch nicht in der Lage ist, rational zu Gott zu gelangen, musste sich Gott selbst offenbaren, indem er Mensch und zugleich Gott war und so das Paradoxon aufstellte, dass das Zeitlose in der Zeit, das Transzendente in der Immanenz, das Unendliche in der Endlichkeit existierte. Dieses Paradox ist für den Menschen nicht zu vereinbaren. Daher bleibt demgegenüber nur der Sprung in den Glauben. Nur in diesem Augenblick des Glaubens befindet sich das Selbst im richtigen Verhältnis zu sich und zu seinem Existenzgrund.

Detlef B. Bartel 

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